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Sturmschäden - fragwürdige Regulierung durch Versicherungen

Begonnen von TheWeather, 01.10.2014, 13:35:23

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TheWeather

Hallo zusammen,

wir hatten am 22. September in Mainz schwere Unwetter, von denen ich selbst in knapp 7 km Entfernung nur am Rande was mitbekommen habe. Bei uns sind im Garten ein paar Plastikeimer durch die Gegend gerollt und einige Kübelpflanzen wurden umgeworfen - mehr nicht. Einige Mainzer hat's anscheinend schlimmer getroffen und darauf gründet ein Bericht der Allgemeine Zeitung Mainz, in welchem Sturmschäden nicht reguliert werden sollen, weil der DWD angeblich nur Windstärke 7 in der Region "nachvollziehbar" bestätigen kann, am Schadensort aber anscheinend gesunde Bäume entwurzelt wurden. Unter "Kommentar" könnt ihr schon mal meine persönliche Stellungnahme (quasi als elektronischen Leserbrief) dazu lesen.

Da ist doch was faul. Es gibt weit und breit in einem vertretbaren Radius rund um den Schadensort keine DWD-Station. Der DWD konnte aber für den 22.09.2014 nur Windstärke 7 in der großflächigen Region  bestätigen. Jetzt will die Versicherung nicht regulieren, weil der DWD in der Region nur Windstärke 7 als bestätigt ansieht, aber natürlich keine Erkenntnisse vom Schadensort selbst belegen kann.

Wenn am 22.09.2014 ein gesunder Baum umfällt, war das doch nach Beaufort wenigstens Windstärke 10. Wenn die Teilkasko-Versicherung nun bei einem Schaden an einem KFZ durch einen darauf gefallenen Baum nicht zahlen will, weil die Windstärke in der Region nicht über Windstärke 7 ging (ab 8 wird gezahlt), dann sieht mir das nach Willkür aus, um die Zahlung auszuschlagen.

Sind die großflächig angelegten Angaben des DWD in einem solchen Fall überhaupt verwertbar? Wenn ein gesunder Baum umfällt, waren es doch am Schadensort wohl mehr als 7 Beaufort? Ab Windstärke 8 zahlt die Versicherung angeblich, wenn ein gesunder Baum umfällt, sollten es wenigstens 10 gewesen sein.

Es betrifft mich nicht persönlich, aber wie seht ihr das?

Gruß Hans
2xTFA Nexus, Sinus, Duo, EOS Max, Klima-Logger, Mebus TE923

Die Titanic wurde von Profis gebaut, die Arche Noah von einem Amateur. ...

leknilk0815

#1
Servus Hans,
es gibt kaum eine Versicherung, die sich nicht erst mal zu drücken versucht.
In vielen Fällen reicht es dann, dem Sachbearbeiter klarzumachen, daß es so nicht geht. Auch der muss sich für entstehende Folgekosten verantworten, abgesehen davon werden bei den Versicherungen mittlerweile Programme zur Schadensbearbeitung eingesetzt, welche bei einer Chance für die Versicherung, die Regulierung verweigern zu können, dies automatisch tun. Da sitzt nicht mal ein Mensch dahinter...
In dem Fall würde ich streiten, da es sich ja nicht um einen heruntergefallenen Ast handelt, sondern um mehrere getrennte Ereignisse, die bei Windstärke 7 nicht auftreten können. Da im Streit ein Richter und nicht ein dubioses Versicherungsprogramm entscheidet, dürften die Erfolgsaussichten gut sein.
In sicher 90% der Fälle kommen die Versicherungen aber damit durch, weil sich die Meisten zwar gerne streiten, aber nicht gegen einen übermächtigen Gegner wie eine Versicherung und - zumal meist die Rechtsschutzversicherung im Paket beim selben Verein gleich mit abgeschlossen wurde... :D
P.S.: es gibt doch bestimmt private Stationen in der Gegend - was haben die denn gemessen? Dürfte zwar problematisch sein, so was gerichtlich zu verwerten, aber interessant wäre es allemal...
Vielleicht melden sich ja ein paar...?
Gruß - Toni

KS300+WS444PC (WSL/WSWIN)+Windrichtung+Sonnenschein, CCU2, KS550, KS888

Matti

Hallo

zum Vatertag hatte wir hier auch ein kleines Unwetter mit Sturm und Wasserschäden im Dorf.
Da wurde ich sogar von einer Versicherung angeschrieben, mit der Frage welches Wetter zu diesem Zeitpunkt wirklich war. Ich denke mal das die Versicherungen schon in verschiedene Richtungen recherchieren.

MfG Matti
MfG Matti

www.mittelsachsenwetter.de

leknilk0815

Zitat von: Matti am 01.10.2014, 16:52:41
Ich denke mal das die Versicherungen schon in verschiedene Richtungen recherchieren.
...aber garantiert nur, wenn Streit droht und sich die Versicherung Argumente gegen den/die VN davon erhofft.
Gruß - Toni

KS300+WS444PC (WSL/WSWIN)+Windrichtung+Sonnenschein, CCU2, KS550, KS888

GS63

Bei Awekas sind keine privaten Wetterstationen in Mombach, Finthen, Hechtsheim und Laubenheim eingetragen. Die Suche verweist auf Mainz, Wiesbaden, etc., die wohl 4km oder mehr entfernt liegen. Das Datenarchiv der Mainzer Station gibt bei Awekas am 22.09. eine Windgeschwindigkeit unter 8 km/h und Windböen unter 13 km/h aus.

webworker

Da stellt sich mir zunächst die Frage von welchen "Unterlagen" dort die HUK spricht.
Möglicherweise nur von den mehr oder weniger allgemeinen Angaben "Aktuelle Windspitzen bei Sturmschaden" zu finden auf der DWD-Webseite oder via Regulierungssoftware.
Die genaue Datenquelle mit den genauen Daten würde ich mir erstmal bestätigen lassen.

Wirklich aussagekräftig und später auch gerichtverwertbar ist ein vollständiges Sachverständigengutachten mit Radardaten etc. - Umliegend Windstärke 7 ist grundsätzlich schonmal eine gute Ausgangsposition - sowie Zeugen (andere Geschädigte, Fotodokumentation etc.)

Sollte die Versicherung sich nicht durch entsprechende Argumente und evtl. öffentlichen Druck überzeugen lassen dann bleibt noch der Rechtsweg.
Da kann man dann nur hoffen, das es eine Rechtschutz-Versicherung bei einer anderen Gesellschaft gibt!

Möglicherweise geht es dann irgendwann vielleicht in eine ganz andere Richtung, z.B. "Verkehrssicherungspflicht Straßenbäume" etc.








Freundliche Grüße

Rene

private Wetterstation Frohngau / Eifel
www.wetterstation-frohngau.de

Holli

Grundsätzlich ist es tatsächlich so: Sturm ist erst ab Stärke 8, und was schon bei 7 umfällt oder wegfliegt, war schon vorher kaputt. Und grundsätzlich sind auch die Messungen des DWD entscheidend dafür, ob Stärke 8 erreicht wurde oder nicht. Wenn dabei auch Privatleute messen dürften, würde im Schadensfall jeder gewünschte Wert erreicht :)

Allerdings ist es eigentlich schon seit den 90ern so, daß für die Beurteilung eines Schadensfalls nicht mehr zwingend eine DWD-Messung vorliegen muß. Der hat nun mal kein Meßraster von 1km*1km und kann jedes klein- bis kleinsträumige Ereignis erfassen. Gerade Hitzetornados können aber auf kleinstem Raum auftreten, kleiner als ein Fußballfeld. In Salzgitter-Lebenstedt habe ich mal die Folgen so eines Kleintornados gesehen: Abgestürzte Schornsteine, herabgefallene Dachziegel, am Stamm abgedrehte Bäume (die Bäume waren nicht einfach entwurzelt, sondern die Krone so heftig gedreht worden, daß die Stämme gesplittert sind und aussahen wie Korkenzieher), das Dach der Schwimmhalle (25*15m Becken + Umrandung) am Stück angehoben und knapp 2m versetzt. Das Ganze war begrenzt auf ca. 2*1km, und natürlich hatte der DWD keine Meßstation in diesem kleinen Gebiet. Aber trotzdem hätte sich jede Versicherung lächerlich gemacht, die angesichts der eindeutigen Erscheinungen behauptet hätte, das wäre kein Sturm gewesen.

Und darauf läuft es schon ewig hinaus: Wenn es keine klaren Messungen gibt, hilft nur die phänologische Bestimmung. Eine Versicherung kann einen einzelnen Schaden vielleicht als Vorschaden abtun, aber sicher keine Häufung von Schäden und anderen Erscheinungen, die die Windstärke belegen.

Außerdem muß die Windstärke nicht zwingend mit dem Schaden selbst belegt werden. Unversicherte Nebeneffekte sind oft viel besser geeignet, um mit exakt feststellaren Angriffsflächen und Gewichten die für die Wirkung mindestens erforderliche Windgeschwindigkeit zu berechnen.

Solche phänologischen Gutachten sind aber nicht unbedingt ganz billig, vor allem, wenn die Windgeschwindigkeit tatsächlich nur knapp Sturmstärke erreicht hat. Deshalb werden Versicherungen oft in dem Moment kooperativ, in dem man ankündigt, so ein Gutachten erstellen zu lassen. Und das Schöne: Es reicht *ein* regionales Ereignis, das eindeutig durch einen Sturm verursacht wurde, um als Beweis für *alle* regionalen Schäden zu dienen, während der umgekehrte Beweis, nämlich daß 7 Bft. zu keinem Zeitpunkt überschritten wurde, einfach unmöglich ist. Anders als bei einer Klage können sich Geschädigte für ein Gutachten also zusammentun, und sich auf ein Einzelereignis berufen, das mit ihrem Schaden gar nichts unmittelbar zu tun hat.

Ich glaube deshalb nicht, daß sich in diesem Fall die Versicherung vor einer Regulierung drücken kann. Ein einzelner umgeworfener belaubter Baum beweist noch keinen Sturm, ein Dutzend aber schon.
Dietmar

Eine Aussage, die durch ein Ausrufezeichen bekräftigt werden muß, ist zumindest zweifelhaft.
Eine Aussage, die durch mehrere Ausrufezeichen bekräftigt wird, ist definitiv falsch.
Der aktuelle Deppensport: Wir töten ein Akkusativ.

TheWeather

Danke soweit für eure Antworten.

Ich habe heute nachmittag mal mit der Verfasserin des Beitrags bei der Zeitung telefoniert, weil ich das Engagement, den Betroffenen eventuell durch öffentliche Berichterstattung weiterhelfen zu können, vollstens unterstütze.

Auf die Beiträge hier habe ich hingewiesen, weil da doch ein gewisses Potenzial an sachlicher Kritik drin steckt, welche weitere Betrachtungswinkel eröffnet, ob ein Sturmschaden nur dann einer sein kann, wenn auch der amtliche Wetterdienst dies großflächig bestätigen kann.

Offenbar gibt es aber doch eine Reihe von Beobachtungen, welche ein Sturmereignis (größer 7 Bft.) in der im Artikel genannten Region und weiteren Randgebieten (Schäden in anderen Ortsteilen) derart bekräftigen, dass man als Versicherer nicht mehr nur von einem nicht versicherungsrelevanten, "dummen Zufall" ausgehen dürfte. Warten wir's ab, was daraus wird ...

Ich gebe Bescheid, wenn ich was Neues erfahre.

Gruß Hans
2xTFA Nexus, Sinus, Duo, EOS Max, Klima-Logger, Mebus TE923

Die Titanic wurde von Profis gebaut, die Arche Noah von einem Amateur. ...